Jugendliche im Straßenverkehr

Die Entwicklung junger Menschen ist verbunden mit einer zunehmenden Ausdehnung ihrer Aktionsräume. Zunächst zu Fuß, später mit dem Fahrrad, mit dem motorisierten Zweirad und dann mit dem Auto gelingt es ihnen, ein immer größeres Umfeld zunehmend selbstständiger zu erfahren. Hinzu kommend die Erfahrungen, die sie als Mitfahrer im Pkw und in öffentlichen Verkehrsmitteln bereits vom frühesten Kindesalter an gemacht haben. Der Erwerb der Pkw-Fahrerlaubnis und damit der Übergang vom Mitfahrer zum Fahrer sind für junge Menschen heute zu einer bedeutenden Übergangssituation vom Jugendlichen zum Erwachsenen geworden.

Diese – aus psychologischer Sicht durchaus positive – Entwicklung im Jugendalter geht in der heutigen motorisierten Gesellschaft leider mit einem deutlich erhöhten Unfallrisiko einher.
Die hohe Risikobereitschaft, die Selbstüberschätzung, die Vorstellung von „Freiheit und Abenteuer“, Imponiergehabe und fehlender Erfahrung bilden ein vielfach fatales Bedingungsgefüge für den Verkehrsunfall im Jugendalter in allen hoch industrialisierten – und deshalb auch hochmotorisierten – Ländern.

Im Jugendalter vermischt sich das  „jugendspezifische Risikoverhalten“ mit dem „Anfängerrisiko“ bei der Teilnahme am Straßenverkehr. Die Anfängerrisiken treten bei jenen auf, die erst seit kurzer Zeit gelernt haben, ein Fahrrad, ein Motorzweirad oder ein Auto zu fahren. In dieser Zeit neigen die Fahranfänger dazu ihre Fertigkeiten zu überschätzen und die Gefahren des Straßenverkehrs zu unterschätzen.  Darüber hinaus ist insbesondere das alterstypische Risikoverhalten als eine Hauptgefährdungsgröße zu sehen.

Jugendliche nutzen den Verkehrsraum außer zur funktionalen Fortbewegung als Sport- und Kommunikationsraum und Treffpunkt für Gruppenaktivitäten.

Die hauptsächlichen Gründe für die höheren Unfallrisiken bei jungen Fahranfängern liegen in Selbstüberschätzung bei mangelnder Erfahrung sowie in mangelnder Fahrtüchtigkeit nach dem Genuss von Alkohol und illegalen Drogen wie Cannabis, berichteten Experten.

Junge Fahranfänger sind deshalb besonders gefährdet, weil hier Anfängerrisiko und jugendliche Risikobereitschaft dramatisch zusammentreffen. Verkehrspsychologen betonen, dass es jungen Fahranfängern oft nicht bewusst ist, welche Risiken sie in Kauf nehmen. Ihnen fehlt die notwendige Erfahrung, Risiken richtig einzuschätzen. Junge Fahrer sammeln Erfahrungen, während sie Arbeits- und Schulwege meistern, ihre Freizeit genießen und sich mit Freunden treffen. Und dabei begegnen ihnen immer wieder neue Situationen, die eine sofortige Reaktion verlangen.

Autofahren ist eine anspruchsvolle Tätigkeit und zwingt zu raschen Entscheidungen, die nicht einfach aus dem Effeff geschüttelt werden können. Regeln auf der einen, Kreativität und Cleverness auf der anderen Seite werden verlangt, um „alles im Griff“ zu haben. Dies lernt man nicht in kurzer Zeit. Insofern schätzen Fahranfänger häufiger als erfahrene Autofahrer Situationen falsch ein und fahren zu schnell. Eine weitere Gefahr liegt in der Jugendlichkeit selbst. Sie wollen anderen zeigen, wie gut sie schon fahren können, und überschätzen sich dabei. Die Mehrzahl der jungen Fahranfänger fährt schneller, als es gefahrlos möglich ist, und ist subjektiv davon überzeugt, ihre Geschwindigkeit sei angemessen. Weitere Fehler junger Fahrer sind zu geringer Sicherheitsabstand und das Missachten der Vorfahrt.

Aufgrund ihres Freizeitverhaltens sind junge Menschen oft sehr lange wach. Das Wochenende wird genutzt, um möglichst viel zu erleben: Technopartys, Kino, Disco, Rave Nights. Wachzeiten werden oft bis weit in den Morgen ausgedehnt. Besonders bei nächtlichen Disco-Heimfahrten am Wochenende verunglücken viele Jugendliche.
No risk, no fun." - "Wer bremst, verliert." - "Mir passiert doch nichts." Mit diesen und ähnlichen Selbstermutigungs-Formeln stürzen sich gerade Führerschein-Neulinge immer wieder ins Verkehrsgeschehen. Das Resultat ist ernüchternd: Junge Fahrer und Fahranfänger sind Spitzenreiter in der Unfallstatistik und verursachen überproportional viele Unfälle.

Abgesehen von der Überschätzung des eigenen fahrerischen Könnens zählen vor allem Alkohol und Drogen als "Lösungsmittel" ungelöster persönlicher Konflikte dabei zu den wichtigsten Unfallursachen. Zumeist wird gerade die Wirkung des Alkohols auf die eigene Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit völlig falsch eingeschätzt. Die Überzeugung, "Mann" könne doch "einiges vertragen", hat - auch für andere - nicht selten verheerende Folgen.

Mangelnde Erfahrung, doppeltes Risiko

Dabei gehen Jugendliche gleich ein doppeltes Risiko ein, wenn sie zu stark aufs Gaspedal treten. Denn ihre Selbstüberschätzung trifft auf mangelnde Erfahrung. Welche Kräfte beim Autofahren auftreten, kann sich nicht nur ein Fahranfänger kaum vorstellen. Das Gefühl für Entfernungen und Geschwindigkeit bekommt er oder sie nicht automatisch bei Übergabe des Führerscheins. Erst mit der Zeit lernt der junge Fahrer, Situationen richtig einzuschätzen und angemessen zu reagieren. Da im Straßenverkehr aber schon Bruchteile von Sekunden über Leben oder Tod entscheiden können, sind die ersten Jahre im Auto oder auf dem Motorrad die gefährlichsten.
 
Fahranfänger automatisieren die parallelen Bewegungsabläufe noch nicht: Gleichzeitiges Kuppeln, schalten, Gas kommen lassen, Lenken und auf die Straße achten ist für sie noch schwierig. Wenn dann noch die Zigarette oder die Sendereinstellung des Autoradios hinzukommen, bleibt erst recht nicht mehr genügend Aufmerksamkeit für den Verkehr und ein Unfall ist schnell passiert. Auch die Fähigkeit, mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen, ist bei Anfängern noch nicht ausgeprägt und stellt sich erst mit zunehmender Erfahrung ein.

 

Die Einschätzung unterschiedlicher Witterungsbedingungen erfordert ebenfalls Routine. Bei Regen, Schnee und Nebel ist die Sicht schlechter, Lenkverhalten und Bremsweg verändern sich. Fahranfänger sind meist nicht in der Lage, diese Faktoren richtig einzuschätzen und ihre Fahrweise anzupassen.